netflix und das goldene zeitalter der videospiele

Netflix konnte in der Vergangenheit mit guten Eigenproduktionen überzeugen. Am 9. August fand die Premiere einer kurzen Doku-Serie namens High Score statt. Die Serie befasst sich mit der Entstehung und Weiterentwicklung der Videospielindustrie. In der Serie kommen Pioniere zu Wort und erzählen aus ihrer Vergangenheit in der damals noch jungen Videospielbranche. 

In diesem Artikel findet ihr eine Zusammenfassung für jede Episode (SPOILERWARNUNG!) und ein Fazit zur Serie.


Nolan Bushnell, Gründer von Atari Inc. und «Urvater der Videospiele».

Episode 1: Boom und Flaute

Die erste Episode beginnt mit dem «schlechtesten Videospiel aller Zeiten». Das Spiel zum Film E.T. wurde kurz vor der grossen Flaute in der Videospielbranche lanciert. Obwohl der Release zu Weihnachten eigentlich vielversprechend klang, floppte das Spiel komplett. Neue Spiele wurden zu schnell entwickelt und auf die Spieler losgelassen, weshalb die Qualität der Games stark nachliess und somit die Kundschaft die Lust an Videospielen verlor. 

Die schönen Seiten der damals noch jungen Videospielbranche werden natürlich ebenfalls gezeigt. Um Space Invaders gab es einen so grossen Hype, dass in den USA eine nationale Meisterschaft ausgetragen wurde. Diese wurde von Rebecca Ann Heineman gewonnen und gilt als erstes E-Sportturnier der Welt. Andere Spiele wie Pac-Man waren etwa gleich erfolgreich und bekamen nach einiger Zeit Nachfolger, welche sich nicht nur farblich von ihren Vorgängern unterschieden, sondern auch durch den erhöhten Schwierigkeitsgrad. Der durchschnittliche Spieler wurde nämlich so gut, dass er länger im Spiel überlebte und er deswegen den Automaten mit weniger Geld fütterte. 

Mit der Erfindung der Konsole und speziell den austauschbaren Spielmodulen, welche vom Afroamerikaner Jerry Lawson entwickelt wurden, zogen die Games in die eigenen vier Wände ein. Es lief am Anfang ziemlich gut für die Spielehersteller, jedoch kam es dann zu der oben schon erwähnten Flut an Videospielen, welche die Spielebranche in eine grosse Krise stürzte. 


Shigeru Miyamoto ist der Erfinder beliebter Nintendo Reihen wie Super Mario, Zelda, Donkey Kong, StarFox, F-Zero und Pikmin.

Episode 2: Extraleben

Nintendo ist heute für jedermann ein Begriff. Doch woher kam der Videospielgigant und wie schaffte es Nintendo seine Vormachtstellung auch in der westlichen Welt aufzubauen? Diese Fragen beantwortet die zweite Episode von High Scores. 

Die Anfänge waren eher bescheiden. Damals stellte Nintendo herkömmliche Spielzeuge wie Spielkarten her. Als sie mit den Spielautomaten grosse Erfolge in Japan feiern konnten, wollte Nintendo nach Amerika expandieren. Der Start lief zuerst etwas holprig, doch das wurde mit dem Release von Donkey Kong schlagartig geändert. Nicht mal die kurz zuvor ausgebrochene Branchenkrise in den Staaten konnten Nintendo bremsen. 

Fast hätte Donkey Kong aber fast das frühzeitige Ende von Nintendo bedeutet, denn die Universal Studios verklagten Nintendo, weil ihrer Meinung nach Donkey Kong ein Abklatsch von King Kong ist. Nintendos Anwalt John Kirby gelang es mit Hilfe von grossartiger Recherchearbeit den Prozess zu gewinnen und als Dank wurde der rosarote, alles aufsaugende Kirby nach dem Anwalt benannt. 

Ausserhalb der Virtuellen Welt bot Nintendo ihren Fans das PowerFest in Verbindung mit den Nintendo World Championships. Die Championships waren ein riesiges Spektakel und zogen Zuschauer und Spieler von nah und fern an. Für Leseratten gab es die Zeitschrift «Nintendo Power», in der unter anderem Tipps für Nintendospiele gegeben wurden. Rat konnte man sich auch von professionellen Spieleberatern am Telefon einholen.


Das verlorene LGBTQIA+ Rollenspiel Gay Blade.

Episode 3: Rollenspiele

Geschichten bewegen Menschen. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Abenteuerspiele entstanden. In den 70ern entstand das heute immer noch populäre Dungeons & Dragons und am Computer gab es Textadventures. Es dauerte noch eine Weile, genauer gesagt bis 1980, bis das erste Videospiel mit einer richtigen Grafik für den PC erschien. Mit neuerer Technologie kamen bessere Grafiken, weshalb schöne Charaktermodelle und Designs sehr wichtig für den Erfolg des Spiels wurden.  

Die Entwicklung schritt schnell voran und schon 1981 hatten die Spieler im Rollenspiel Ultima die Möglichkeit, den Protagonisten so aussehen zu lassen, wie sie es wollten. Heutzutage ist die Charaktererstellung ein wichtiger Bestandteil des Rollenspielerlebnisses. Man kann im Spiel die Person sein, die man im echten Leben leider nicht sein kann und gewaltige Abenteuer erleben. Teilweise griffen die Spieler aber zu unehrlichen Mitteln ingame, weshalb Rollenspielentwickler Konsequenzen für schlechtes Handeln einführen mussten, um die Protagonisten auf dem Weg des Guten zu behalten. 

Auch die Gesellschaftskritik machte es sich in der digitalen Welt gemütlich. 1992 kam Gay Blade auf den Markt. Im Spiel kämpfte man in Dungeons gegen Prediger, Rednecks und am Ende sogar gegen den erzkonservativen US-Politiker Pat Buchanan. Leider ging das Spiel beim Umzug des Erfinders Ryan Best vor 15 Jahren verloren. Im Internet gibt es viele Fans, die versuchen, das Spiel wieder zu finden. Bis jetzt konnte noch keine Kopie des Spiels gefunden werden, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. 


Ein kleines, stacheliges Säugetier sollte SEGA bei ihrem Aufstieg im Konsolenmarkt helfen.

Episode 4: Konsolenkrieg

Heute denken wir beim Konsolenkrieg hauptsächlich an Xbox gegen Playstation. In den 80ern bekämpften sich jedoch nicht Microsoft und Sony, sondern Nintendo und SEGA. Als SEGA in den Heimkonsolenmarkt expandierte hatte Nintendo satte 98% Marktanteile. Zum Glück hatte der David mit dem Geschäftsmann Tom Kalinske einen starken Strategen gegen den Goliath der Spieleindustrie. 

Kalinske hatte einen fünfstufigen Plan. Zuerst unterbot er Nintendo beim Preis der SEGA-Konsolen, was schon mal ein guter Start war. Um aber wirklich eine Gefahr für Nintendo zu werden, mussten sie einen ernstzunehmenden Gegner für Mario ins Spiel bringen. Dies taten sie mit Sonic, dem schnellen und frechen blauen Igel. Da die SEGA Mega Drive mit 16bit stärker war als der NES mit 8bit waren komplexere und vor allem schnellere Spiele umsetzbar. 

SEGA verbündete sich darauf mit Electronic Arts, welche an der Umsetzung für ein American Football Spiel arbeiteten. Football ist ein sehr strategisches Spiel und es war schwierig mit den begrenzten 8bit Möglichkeiten des Apple II oder des NES ein solches Spiel zu entwickeln. EA’s Spiel Madden NFL kam zuerst auf dem Apple II raus und wurde später dann auf der stärkeren SEGA Konsole ebenfalls herausgebracht. 

Mit den Sportspielen und Sonic wollte sich SEGA vor allem eine etwas ältere Zielgruppe, nämlich die Teenager, ansprechen. Dafür setzten sie auf eine provokative Marketingkampagne. Man machte sich über Nintendos schwächere Konsole lustig wann immer man konnte. Auch Videospielwettbewerbe wurden von SEGA ausgetragen. Das Finale des Rock the Rock Sonic-Turniers wurde in Zusammenarbeit mit dem bei jugendlichen beliebten Sender MTV übertragen und fand auf der Gefängnisinsel Alcatraz statt. 

Die Strategie ging für SEGA auf. Anfang der 90er Jahre übertrafen sie Nintendo im Konsolenmarkt und gewannen so die erste grosse Schlacht im heute noch andauernden Konsolenkrieg.


Street Fighter war in Japan so erfolgreich, dass mit Street Fighter 2 ein globaler Release angestrebt wurde.

Episode 5: Fight!

In dieser Episode geht es um zwei Themen, die vor allem über das Spiel Mortal Kombat miteinander verbunden sind. 

1987 kam in Japan der Arcade Hit Street Figher heraus. Zum ersten Mal spielte man nicht nur gegen den Computer. Man konnte sich erstmals mit anderen Spielern im selben Game direkt messen. Das Spiel war so erfolgreich, dass man sich für den Nachfolger grosse Ziele setzte. Diese wurden mehr als erfüllt. Street Fighter 2 überzeugte Weltweit mit einer für damalige Verhältnisse grossen Vielfalt an Kampfschauplätzen und Charakteren. Somit wurden das Prügelspiel-Genre geboren, welches ein wesentlicher Bestandteil des E-Sports wurde. Zuerst in Japan und bald darauf in der ganzen Welt fanden Turniere statt, bei denen die besten Spieler der Welt aufeinandertrafen. Für 2022 wird für die globale E-Sportindustrie ein Umsatz von 1.97 Milliarden Dollar erwartet. Die gesamte Gaming Industrie wurde grösser als die Musik- und Filmindustrie zusammen. 

Der Erfolg von Street Fighter 2 verleitete andere dazu, ebenfalls ein Prügelspiel zu kreieren. Midway, ein amerikanischer Hersteller, brachte das berüchtigte Mortal Kombat in die Spielhallen. Die Charaktere in Mortal Kombat wurden von echten Schauspielern gespielt, was das Spiel sehr echt aussehen liess. Mit Mortal Kombat kamen aber auch übermässige Gewalt und jede menge Blut in die Spielhallen, denn das Spiel wurde vor allem wegen seiner unglaublichen Grausamkeit bekannt.

Mortal Kombat wurde zusammen mit dem Videospiel Night Trap zum Thema für den US-Kongress. Konservative Politiker forderten gar ein Verbot für die Spiele. Am Ende kamen aber beide Spiele, und mit ihnen die gesamte Spieleindustrie, mit dem Schrecken davon. Dafür wurde in der USA eine Altersbeschränkung für Videospiele eingeführt, wie man sie schon aus Filmen kannte. 


Wolfenstein 3D (Release am 5. Mai 1992) lief nicht nur in 3D, sondern auch mit 70 Bildern pro Sekunde.

Episode 6: Der nächste Level

Die letzte Episode beschäftigt sich mit den Entwicklungen der 90er Jahre. Man erkannte, dass der PC den Spielekonsolen zumindest ebenbürtig war. Zuvor war man vom Gegenteil überzeugt. Neben flüssigem Sidescrolling, welches anders als auf Konsolen bis dahin noch nicht flüssig auf dem PC lief, beschäftigte Das Team rund um John Romero und John Carmack die dritte Dimension. Mit Wolfenstein 3D kam das erste mal ein Spiel in der Egoperspektive heraus und wurde zu einem so grossen Erfolg, dass die Entwickler, nun unter dem namen Id Software bekannt, gleich ein neues Spiel ankündigten. 

Dieses wurde am 10. Dezember 1993 um Punkt zwölf Uhr auf das Internet geladen. Der Andrang war so gross, dass der Server mehrere Male abstürzte. Es handelt sich um kein geringeres Spiel als Doom. Das Internet ermöglichte aber noch viel mehr. Doom hatte einen online Multiplayermodus namens Deathmatch. Davor konnte man nur rundenbasierte Spiele wie etwa Schach gegen Freunde im Internet spielen und noch keine in Echtzeit laufenden Spiele. Dies war ein grosser Schritt für die PC-Spieleindustrie, welche alle Möglichkeiten des Internets für ihre Spiele nutzten, um den Spielern ein immer besser werdendes Onlineerlebnis zu bieten. 

Auch die Konsolen wagten sich in die 3D Welt. Das britische Entwicklerstudio Argonaut Software schaffte es ein 3D Spiel für den GameBoy von Nintendo zu kreieren. Obwohl Argonaut Software keine genehmigung hatte wurden sie von Nintendo nach Japan eingeladen und zusammen begann man die Entwicklung für ein 3D-Spiel auf Nintendos neuer Konsole, dem SNES. Das Spiel gehört zu den Meisterwerken von Shigeru Miyamoto und bekam den Namen StarFox. StarFox wurde 1993 auf dem SNES released und brachte die 3D-Welt auf die Konsolen. 


Fazit

Die Episoden sind mehr oder weniger chronologisch was die Themenwahl angeht, was es als Zuschauer einfacher macht, den Fortschritt der Industrie zu verfolgen. Das Beste ist, dass die Macher der Videospiele interviewt wurden. Als Spieler kennt man den Standpunkt der Entwickler meistens nicht oder kann diesen nur schwer nachvollziehen, weshalb es sehr wertvoll ist die Perspektive der kreativen Köpfe hinter den Games kennenzulernen. 

Das Intro so wie die Animationen sind im Pixel-Stil gemacht und passen perfekt zur Serie. Die Animationen werden aber auch nicht zu oft eingesetzt, so bringen sie immer etwas Abwechslung in die Episoden. Ähnlich ist es bei den Witzen und Wortspielen des Erzählers. High Score setzt auf Abwechslung, was der Doku-Serie sehr gut gelungen ist.

Wer ein Netflix Abo besitzt sollte sich diese Miniserie definitiv nicht entgehen lassen!